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Psychiatriegeschichte im LVR

Behandlung im Zeichen des Fortschritts

Von jeher spielte der LVR eine wichtige Rolle im Kampf um eine humane Psychiatrie. Die Rheinischen "Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten", Vorläufer der heutigen LVR-Kliniken, gehörten zu den ersten modernen Einrichtungen für psychisch Kranke in Deutschland und galten europaweit als Vorbild.

Der Weg zum Menschen

Wie in kaum einem anderen medizinischen Fachgebiet spiegeln sich in der Psychiatrie gesellschaftliche und wissenschaftliche Umbrüche wider. Erste Reformprozesse in der Psychatrie gab es in Deutschland ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Folge der französischen Revolution. Lange herrschte die Vorstellung, "Irre" als schuldbehaftete, durch göttliche Fügung bestrafte Menschen zu sehen. Erst durch die wissenschaftliche Erforschung der Ursachen psychischer Krankheiten änderte sich dies: Philippe Pinel, ein Psychiatriereformer der Französischen Revolution, befreite die "Irren" von den Gefängnisketten und setzte an den Pariser Anstalten eine ärztliche Behandlung ohne Zwangsmaßnahmen durch. Die "Irren" wurden als Kranke gesehen, die der Fürsorge und Behandlung bedürfen.

Diese politischen, sozialen und wissenschaftlichen Neuerungen zeigten sich auch in der Gründung der "Provinzial-Heil- und Pflegeanstalten" im Rheinland. Gab es bis dahin nur als reine Verwahranstalten geführte "Irrenhäuser", so boten die Einrichtungen des Rheinischen Provinzialverbandes erstmals moderne Behandlungsmöglichkeiten für psychisch Kranke und wurden europaweit als Vorbild angesehen.

Beendigung der Diskriminierung

Von den Anfängen der Provinzial-Anstalten über die dunkle Epoche des Nationalsozialismus bis zur Gleichbehandlung psychisch Kranker und einer bedarfsgerechten Versorgung war es jedoch noch ein weiter Weg. In Deutschland erwies es sich zwanzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg als Glücksfall, dass das gesellschaftliche Klima für Reformen sehr empfänglich war. Die Kritik an Bevormundung, falschen Autoritäten, Vergangenheitsverleugnung und sozialer Benachteiligung erreichte zwangsläufig auch die Psychiatrie. In diesem Reformprozess ging es vordergründig nicht um fachliche Neuerungen, sondern um die Beendigung der Diskriminierung psychisch Kranker, die Wahrung ihrer Menschenrechte sowie um soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung.

Die Psychiatrie-Enquete

1971 schlug die Geburtsstunde der "Psychiatrie-Enquete": Eine durch den Deutschen Bundestag eingesetzte Kommission trug bis 1973 umfangreiches Material über die Situation der psychiatrischen Versorgung in Deutschland zusammen. Die Enquete-Kommission dokumentierte die "menschenunwürdigen Unterbringungsbedingungen in den psychiatrischen Krankenhäusern" und machte Lösungsvorschläge zur Weiterentwicklung der Versorgungsmöglichkeiten und Behandlungsformen.

Vorsitzender der Kommission war Prof. Dr. Caspar Kulenkampff, zuvor Ärztlicher Direktor der Rheinischen Kliniken Düsseldorf und später Landesrat und Gesundheitsdezernent des Landschaftsverbandes Rheinland.

40 Jahre Psychiatrie-Enquete: Wo stehen wir, wie geht es weiter?

Anlässlich des 40. Jahrestages der Psychiatrie-Enquete diskutierte der LVR mit geladenen Expertinnen und Experten zu Fragen wie: Wo stehen wir in der Entwicklung der gesellschaftlichen Entstigmatisierung und –diskriminierung psychisch kranker Menschen heute? Welche Ziele wurden erreicht, was ist noch offen? Gibt es so etwas wie einen gesellschaftlich getragenen „psychiatrischen Mainstream“, je nach Ereignislage? Welche Rolle spielen unsere Medien und die öffentliche Meinung dabei? Die Tagung fand am 4. Dezember 2015, von 10-15 Uhr, im LVR-Haus in Köln-Deutz statt.

Veränderung der therapeutischen Kultur

Unter der Federführung von Kulenkampff wurden verkrustete Anstaltsstrukturen aufgebrochen und Raum für neue Behandlungs- und Belegungsangebote geschaffen. Psychologen, Pädagogen und Sozialwissenschaftler brachten umfangreiche Neuerungen in die Kliniken ein, die maßgeblich zur Veränderung der therapeutischen Kultur beitrugen. In gemeinsamen Teambesprechungen mit Ärzten und dem Pflegepersonal reflektierten sie über ihre Erlebnisse und Einstellungen in der Arbeit mit den Patienten.

Ortsnahe Versorgung

Teamsupervision war damals etwas sensationell Neues. Heute gehört sie zum normalen Alltag jedes psychiatrischen Krankenhauses. Im Rheinland begann man mit der Erarbeitung eines Rahmenplans zur Versorgung psychisch Kranker und geistig behinderter Menschen. Ziel war es, eine ortsnahe Versorgung in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt zu erreichen. Diese Forderung war ihrer Zeit weit voraus, angesichts der Versorgungsrealität nicht nur im Rheinland erschien sie unerreichbar und utopisch.

Der Landschaftsverband Rheinland hat das Versorgungsangebot für psychisch Kranke in den Folgejahren stetig weiterentwickelt und zu dem heutigen leistungsfähigen LVR-Klinikverbund ausgebaut. Die LVR-Kliniken sind moderne Fachkrankenhäuser für Psychiatrie und Psychotherapie. Mit innovativen und zukunftweisenden Behandlungsmethoden bieten sie Menschen mit psychischen Erkrankungen spezielle und effektive Hilfen an.

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