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Tanztherapie

1. Definition

Eine Tänzerin zeigt Bewegungen als Teil der Tanztherapie. Das Bild ist in schwarz-weiß aufgenommen.
Tanztherapie im LVR

Tanztherapie versteht sich als psychotherapeutisches Verfahren, das körperliche Bewegung und Tanz verwendet, um die physische und psychische Integration des Individuums zu fördern. In diesen handlungsorientierten Therapieverfahren werden künstlerische und kreative Prozesse genutzt. Der Begriff Tanztherapie verweist auf die im Tanz gründenden geschichtlichen Wurzeln sowie auf die praktische Verwendung tänzerischer und choreographischer Mittel. Angestrebt wird dabei nicht das Erlernen spezieller Bewegungs- und Verhaltensrepertoires. Vielmehr ist das subjektive Erleben der eigenen Identität auf der kinästhetischen, der intrapsychischen und der interaktionellen Ebene Ausgangspunkt und Gegenstand tanztherapeutischer Arbeit. Es wird angenommen, dass das zur Verfügung stehenden Bewegungsrepertoire eines Menschen seine Handlungs- und Bewältigungskompetenz repräsentiert.

2. Therapietheorie

Wurzelnd in den Bewegungen des Ausdruckstanzes und der Tanzpädagogik wurden die Grundlagen von Theorie und Praxis der modernen Tanztherapie in den USA der 40er und 50er Jahre entwickelt. Nach ersten Anfängen als Begleitverfahren in der stationären Psychiatrie stellt die Tanztherapie heute eine eigenständige, von anderen bewegungstherapeutischen Verfahren abgegrenzte Therapieform dar. Der theoretische Bezugsrahmen verschiedener Variationen der Tanztherapie ist zumeist in der tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapie oder in einem der verschiedenen Ansätze der humanistischen Psychologie verankert. Einzelne verhaltenstherapeutische Ansätze sind in der Entwicklung.

Die tanztherapeutischen Arbeit fokussiert auf das Bewegungs- und Körperempfinden des Individuums (kinästhetische Ebene), auf emotional-kognitive Störungsbereiche (intrapsychische Ebene) und auf die interpersonelle Beziehung (interaktionelle Ebene). Über den Tanz / die Bewegung lassen sich die Wahrnehmungs-, Erlebnis-, Symbolisierungs- und Beziehungsfähigkeiten des Menschen entwickeln. Ressourcen zu aktivieren bildet einen Grundansatz in den meisten tanztherapeutischen Settings, wobei das aktuelle Angebot von Entwicklungsaufgaben über die Bewegungsebene, das salutogenetische Potential des Klienten aktiviert. Des Weiteren lassen sich individuell bedeutsame Erlebniszusammenhänge herausarbeiten.

Diagnostische Basis der Tanztherapie ist eine Bewegungsanalyse, durch die auch Therapieverlauf und -erfolg erfasst werden. Ein häufig verwendetes bewegungsanalytisches Instrument stellt das von R. v. Laban und W. Lamb entwickelte „Effort/Shape"-System, auch „Laban Movement Analysis" genannt, dar, welches eine Beschreibung von Bewegung ermöglicht. Mit diesem Verfahren werden unter anderem die der Bewegung inneliegende Dynamik („effort") und Ausformung im Raum („shape") erfasst. Im „Kestenberg-Movement-Profile", das der Mutter-Säuglingsforschung entstammt, werden bewegungsanalytische Aspekte mit der psychodynamischen Entwicklungspsychologie korreliert.

3. Formen der Tanztherapie

Eine Tanzlehrerin übt mit einer Schülerin Ausdrucksmöglichkeiten im Rahmen der Tanztherapie.
Ausdrucksmöglichkeiten

Tanztherapie findet als Gruppen- oder als Einzelbehandlung statt. Integriert in die Arbeit eines Behandlungsteams wird sie zumeist als Zusatzverfahren eingesetzt, wobei Tanztherapie auch als ambulantes Einzelverfahren an Bedeutung gewinnt.

Benötigt wird ein relativ reizarmer Raum, der Bewegungsfreiheit garantiert und störungssicher ist. Es können klassische, die Bewegung unterstützende Medien zum Einsatz kommen (wie: Decken, Seile, Tücher, Perkussionsinstrumente etc.). Häufig wird mit Musik gearbeitet, um Struktur und Halt zu bieten oder um Stimmungen zu begleiten oder zu thematisieren. Bei einigen Klienten wird auf den Musikeinsatz kategorisch oder situativ verzichtet, um einen individuellen, authentischen Bewegungsausdruck von inneren Vorgängen stärker zu fördern.

Verbale Reflexion ist zwar Bestandteil der Therapie, das zentrale, therapeutisch wirksame Medium ist jedoch die Bewegung. So kann der therapeutische Prozess im wesentlichen nonverbal ablaufen und dadurch auch Klienten mit nur geringer Verbalisationsfähigkeit erreichen.

Das Herangehen des Therapeuten ist von Empathie geprägt. Im Unterschied zu anderen Verfahren interagiert der Therapeut im tanztherapeutischen Prozess in der Regel mit dem Klienten in Bewegung. Es ergibt sich eine Klient-Therapeut-Beziehung, in der sich sinnlich erfahrbar Probleme und Konflikte und deren Veränderung und Entwicklung abbilden. Wichtiges Instrumentarium ist hier die Kinästhetische Empathie bei der der Therapeut die Bewegung des Klienten in ihrem emotionalen und/oder symbolischen Gehalt aufgreift. Das Interaktionsverhalten kann unter tiefenpsychologischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Andererseits können handlungs- und lösungsorientierte Strategien verfolgt werden.

4. Einsatzbereiche und Indikationen der Tanztherapie

Die Tanztherapie hat sich im letzten Jahrzehnt als ein klinisches Verfahren durchgesetzt und an Interesse, Bedeutung und Anerkennung gewonnen.

Tanztherapie wird psychotherapeutisch, rehabilitativ, präventiv in unterschiedlichen Einrichtungen eingesetzt. Es sind unter anderem: Psychiatrische und neurologische Krankenhäuser, Tageskliniken, psychosomatische und Suchtkliniken, Beratungsstellen, heil- und sonderpädagogische Einrichtungen, Vor- und Nachsorgeeinrichtungen sowie tanztherapeutische Privatpraxen.

Hieraus wird deutlich, dass die Tanztherapie ein breites Indikationsspektrum hat. Die klassischen Indikationen für Tanztherapie sind die psychiatrischen Krankheitsbilder. Behandelt werden unter anderem: Psychosen, Affektive Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, psychosomatische Krankheitsbilder und Suchterkrankungen. Gerontopsychiatrische Störungen bilden ebenso ein Aufgabenfeld. Tanztherapie wird eingesetzt bei psychophysischen Auswirkungen von somatischen Erkrankungen, wie beispielsweise in der Onkologie, und auch von Behinderungen, wie: Sprach- und Sinnesbehinderungen, geistige Behinderungen sowie Lern- und Körperbehinderungen.

Die Methodenvielfalt der tanztherapeutischen Arbeitsweise ermöglicht eine Anwendung bei verschiedenen Altersgruppen, so dass Kleinkinder und Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren altersangemessene Erfahrungen innerhalb der Tanztherapie sammeln können.

5. Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Verfahren Kunsttherapie

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